Ein Beitrag von unserem Überlinger Stadtrat Thorsten Peters
Der Geschäftsführer des Stadtwerks am See, Alexander-Florian Bürkle, ist diesmal in der Sitzung des Gemeinderats zu Gast und präsentiert den Jahresabschluss 2024. Mit einem Jahresüberschuss von knapp 13 Millionen Euro kann er recht stolz sein und die Stadträte loben auch kräftig seine Arbeit mit Verweis auf andere Stadtwerke in der Umgebung, die eher als Problemfall einzustufen sind. Die Gelegenheit, Fragen direkt an den Geschäftsführer stellen zu können, lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Dreie habe ich vorbereitet:
1) Ich verweise zuerst auf Seite 3 im Lagebericht, wo vollmundig angepriesen wird, dass Umweltaspekte bei allen wichtigen Geschäftsentscheidungen berücksichtigt werden und das Umweltmanagementsystem eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung sichere. Dann stelle ich fest, dass das Stadtwerk am See im letzten Jahr 100.000 Euro Kapital allein für die Errichtung von Windindustrieanlagen im nördlichsten Teil des Altdorfer Waldes investiert hat. Dafür wird jetzt der dortige Röschenwald platt gemacht. Ob da bei ihm nicht alle Umweltalarmsysteme ausgeschlagen haben?
Nein. Für die Nachhaltigkeit seien Eingriffe unvermeidbar, aber keine Sorge, sie seien nach EMAS und ISO 14001 zertifiziert.
Traurig. Das System hat die Menschen so verwirrt, dass sie nicht mehr wissen, was Umweltschutz bedeutet. Sie löschen ganze Naturlandschaften aus und nennen sich dabei umweltbewusst. Auch die Stadträte haben nichts daran auszusetzen. Für Überlingen als indirekten Gesellschafter kann man also festhalten: Wir holzen den Röschenwald ab.
2) Dann will ich noch wissen: Für den Intelligenten Messstellenbetrieb wurden fast vier Millionen Euro Rückstellungen gebildet. Was ist da schief gelaufen?
Man sei gesetzlich dazu verpflichtet worden, über die nächsten Jahre bei den Stromkunden immer mehr digital vernetzte Funk-Stromzähler (Smart-Meter) einzubauen. Die Geräte kosten aber weit mehr, als man den Kunden dafür in Rechnung stellen darf. Mit der Rückstellung wurden also die angeordneten Verluste der kommenden Jahre vorweg genommen.
Das ist bemerkenswert! Die Echtzeitübermittlung des Stromverbrauchs in den Haushalten – ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Totalüberwachung – ist wirtschaftlich nicht begründbar, wird den Menschen aber politisch aufgezwungen.
3) Und als letztes frage ich auch noch frech: Im Bericht des Aufsichtsrats heißt es, der Jahresabschluss und der Lagebericht für das Geschäftsjahr 2024 sei vom Aufsichtsrat geprüft und gebilligt worden. Welche konkreten Prüfungshandlungen hat denn der Aufsichtsrat vorgenommen?
Diesmal kommt der Geschäftsführer nicht zum Zug, weil Oberbürgermeister Jan Zeitler, der selbst Mitglied des Aufsichtsrates ist, das Wort an sich reißt. Die Beantwortung meiner Frage erschöpft sich allerdings darin, dass er uns wissen lässt, dass er früher einige Jahre bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC gearbeitet habe und sich daher mit Prüfungen auskenne.
Ich belasse es dabei, weil ich die Geduld der Sitzungsteilnehmer nicht überstrapazieren will. Meine Frage hatte aber schon einen Hintergrund: Der Lagebericht enthält nämlich auf Seite 17 die Kapitalflussrechnung vom Vorjahr. Sie wurde vermutlich einfach vergessen zu aktualisieren. Wer sich mit dem Lagebericht beschäftigt (ihn „geprüft“) hätte, wäre darüber gestolpert, weil die Zahlen natürlich überhaupt nicht zur Gewinn- und Verlustrechnung passen.
Der Wirtschaftsprüfer hat es offenbar nicht bemerkt. Der Aufsichtsrat besteht aus etwa 20 Mitgliedern (Vergütung insgesamt etwa 100 Tausend Euro) und keinem ist es aufgefallen. Auch der Aufsichtsrat der Stadtwerke Überlingen mit zehn Mitgliedern hatte laut Sitzungsvorlage über diesen Jahresabschluss beraten und nichts zu beanstanden. Es zeigt sich wieder mal das Phänomen: Je mehr Leute verantwortlich sind, umso weniger wird die Verantwortung wahrgenommen. Was auch nicht weiter erstaunlich ist, weil sich jeder sagt, die anderen werden das schon gemacht haben. Aber wäre es dann nicht sinnvoller, den Aufsichtsrat auf wenige Mitglieder abzuspecken, die sich dafür mehr verantwortlich fühlen? (Und nebenbei würde das sogar noch einen großen Teil der Vergütung einsparen.)
(Bild von Robert Jones auf Pixabay)